Agrarium im Freilichtmuseum Kiekeberg
Bericht von Hans-G. Pesch
Am 20.September 2012 lud der Förderkreis „Gute Stube“ e.V. unsere Bewohner wieder einmal zu einem besonderen Ausflug ein.
Die Fahrt ging in das am Mai 2012 neu eröffnete „Agrarium“ im Freilichtmuseum Kiekeberg.
Das Freilichtmuseum Kiekeberg ist unseren Bewohnern ja schon bekannt durch mehrere Ausflüge in den vergangenen Jahren. Heute sollte es etwas ganz besonderes sein.
Dieser Ausflug hätte eher die Bezeichnung „Reise in die Vergangenheit – Landwirtschaftliche Technik von gestern und heute“ verdient.
Pünktlich um 13.00h stand der gecharterte Bus vor dem Heim, um alle Bewohner, die dem Ruf der Einladung des Förderkreises gefolgt waren, einzuladen. Selbst Rollstuhlfahrer konnten an diesem Ausflug teilnehmen, da der Bus über eine behindertengerechte hydraulische Rampe verfügte, um Rollstuhlfahrer in den Bus zu heben, ohne dass die Bewohner ihren Rollstuhl verlassen mussten. Hier konnten wir uns ganz auf den Busfahrer verlassen, der diese Aufgabe sehr souverän und kenntnisgerecht meisterte.
Bevor die Fahrt pünktlich um 13.30h losging, wurde noch schnell durchgezählt, ob alle Bewohner und Begleitpersonen an Bord waren. Herr Tschöpe, der Vorsitzende des Förderkreises hielt eine kleine Begrüßungsrede und brachte auf seiner humorvollen Art seine Freude zum Ausdruck,
dass viele Bewohner dieser Einladung zum Besuch des Agrariums gefolgt waren. Selbst der Busfahrer ließ es sich nicht nehmen, ein paar Worte zu sagen und wünschte allen Teilnehmern einen schönen und erlebnisreichen Tag.
Nach einer Fahrt, die etwas über eine halbe Stunde ging, erreichten wir dann das Agrarium, wo wir schon von Herrn Peter Holin und Frau Bärbel Etzler-Albers erwartet wurden.
Frau Etzler-Albers, die die Rolle der Museumsführerin innehat, dürfte vielen Seniorinnen und Senioren aus früheren Besuchen des Freilichtmuseums bekannt sein, da sie schon in der Vergangenheit mit großer Sachkenntnis die Führungen und Vorträge zu den einzelnen Museumsbereichen- und themen ausführte.
Nach dem unsere Gruppe vollzählig ausgestiegen und versammelt war, gab es paar einführende Worte zu heutigen Programm von Frau Etzler-Albers.
Das Agrarium ist auf drei großen Ebenen verteilt, die man bequem mit einem riesigen Aufzug erreichen kann. (Solch einen Aufzug könnten wir auch in unserem Senioren- und Pflegeheim gut gebrauchen, um größere Wartezeiten und Staus zu vermeiden)
Unsere Reise in die Vergangenheit begann zunächst auf der unteren Ebene, wo wir eine kleine Einführung in die Landschaftsmerkmale und Bodenbeschaffenheiten in Niedersachsen und dem Hamburger Raum erhielten. Auf einer Landkarte konnten wir die einzelnen Bodenbeschaffenheiten ersehen. Bei unserem Rundgang durch diese Ebene konnten wir alte Ackergeräte und ihre Besonderheiten sehen, wie Pflüge ganz aus Holz, wie sie noch um die Jahrhundertwende in Gebrauch waren. Die Holzteile konnte man viel leichter und kostengünstiger ersetzen, als metallgefertigte Teile. Dann ging die Reihe zu den Metallackergeräten über, wie Eggen, Pflüge, Grubber etc. Auch gab es viele Kuriositäten bei den Agrarbearbeitungsmaschinen, z.Bsp. einen Kreiselpflug, welcher sich jedoch nicht richtig in der Ackerbearbeitung durchsetzen konnte, da der Energieaufwand zum Betrieb dieses Gerätes zu hoch und ineffizient war. Auch die technischen Veränderungen der jeweiligen Geräte wie Eggen und Grubbern von der damaligen Zeit in die heutige konnte man bestaunen.
Auf der unteren Ebene konnte man noch viele andere Ackerbearbeitugsgeräte in verschiedenen Entwicklungsstadien betrachten und Eindrücke der damaligen Landarbeit gewinnen, bevor wir dann den Weg zum Aufzug nahmen um in das Erdgeschoss zu fahren
Im Erdgeschoss ging es zu den Landmaschinen (Mähdreschern und Traktoren)
Eine weitere und besonders schwere Kuriosität waren die so genannten Pfluglokomotiven, die wie unsere früheren Lokomotiven mit Dampf betrieben wurden. Diese waren jedoch so schwer, dass man ca. vierzig Zugtiere benötigte, um diese riesigen Maschinen auf den gewünschten Acker zu transportieren. Zum pflügen benötigte man zwei solcher Pfluglokomotiven, um den eigentlichen Pflug hin- und zurückziehen zu können. Dies wurde uns an einem Schaukasten mit beweglichen Teilen eindrucksvoll demonstriert. Auch konnte man hierzu einen kleinen Film sehen, der dies veranschaulichte.
Weiter ging es zu anderen Dampfmaschinen, die als Antriebsmaschinen für andere Agrargeräte mittels Antriebsbändern dienten. Viele unserer Bewohner fanden sich in der Zeit zurückversetzt, da sie oft selbst auf dem Lande gearbeitet hatten. Es kamen viele Gespräche und Erzählungen unter den Bewohnern auf, viele Erinnerungen waren auf einmal da, über die man reden musste.
Nun ging es zu den Traktoren. Hier gab es Traktoren verschiedener Art, angefangen von den alten Lanz- Bulldogs bis zu den Hanomag, selbst Porsche baute in den 50er Jahren Traktoren.
Bei dem Porsche Traktor konnte man schon am Aufbau erkennen, dass hier Designer am Werk waren. Die schnittige und sehr moderne Form, fast ein Rennwagen unter den Traktoren.
Zum alten Bulldog muss ich erwähnen, dass diese mit Schweröl gefahren wurden. Mein Vater fuhr noch einen Bulldog und ich konnte oft genug zusehen, wenn dieser gestartet wurde.
Um diesen Treibstoff zu erwärmen und zu verflüssigen, wurde vorne unter der Motorhaube (wenn man sie so bezeichnen kann), eine „Lötlampe“ angebracht und nach ein paar Minuten konnte man den Bulldog dann starten. Dies konnte man jedoch nur über ein seitlich angebrachtes Antriebsrad, welches man mit dem abnehmbaren Lenkrad mit viel Kraftaufwand anwerfen- oder drehen konnte, ähnlich bei einem Propellerflugzeug, bei dem zum Start die Propeller manuell gedreht werden mussten.
Bei dieser Art Antrieb und Motorstart waren folglich auch Verletztungsgefahren sehr hoch.
So auch beim Start eines Bulldogs. Wenn man nicht aufpasste, schlug das seitlich angebrachte Lenkrad derartig zurück, dass Hände sehr schnell gebrochen waren oder das Lenkrad war nicht richtig eingerastet bzw. gesichert, dann konnte es schnell passieren, dass das Lenkrad den Landarbeiter am Körper erheblich verletzen konnte.
Die Bulldogs waren so schwer und kraftvoll, dass mit diesem Traktor jeder Boden leichter bearbeitet werden konnte.
Doch die Technik machte in den 60er bis heute sehr viele Fortschritte, so dass letztendlich auch diese Traktoren verdrängt wurden.
Weitere Kuriositäten sind die Traktoren mit Kettenantrieb, wie bei einem Panzer. Diese konnten in fast jedem Gelände eingesetzt werden.
Nach den Traktoren sahen wir die Mähdrescher der alten und neuen Zeit. Auch die alten „Modelle“ waren zunächst aus Holz gefertigt und wurden von Ackerpferden gezogen. Doch hatten diese Geräte schon wesentlich mehr mechanische Teile, wie den Dreschflügel und Binder für das Stroh, auch wenn diese Teile auch größtenteils aus Holz gefertigt waren, bis dann moderne Geräte den Einzug in das Arbeitsleben eines Landarbeiters fanden und die Arbeiten um ein vielfaches erleichterten.
Ein Höhepunkt im Agrarium war der Mähdrescher Simulator, in dem ausprobiert werden konnte, wie das reife Korn gemäht werden sollte. Herr Holin und unser Busfahrer probierten es aus, dieses modernere Teil zu bedienen. Auf einem Monitor konnte man dann die Erfolge oder Misserfolge unserer beiden Mäher mitverfolgen.
Nun kann ich ruhigen Gewissens behaupten, dass die beiden für die Kornkreise und Zeichen in einem Kornfeld verantwortlich zeichnen. Damit war auch der Abschluss auf dieser Etage gekommen und weiter ging es – wieder mit dem Superaufzug- in die letzte Abteilung auf der oberen Ebene.
In diesem Bereich ging es um Agrarprodukte und deren Verarbeitung.
„Ernährung um die Jahrhundertwende bis in die heutige Zeit“
Hier bekamen wir von unserer Führerin zunächst eine Einführung in Sachen Zucker.
Von der Zuckerrübe bis zum Kristallzucker und dessen Folgeprodukte. An Schaukästen erfuhr man auch, in welchen Produkten wie viel Zucker versteckt ist. Das Highlight bei der Zuckerführung war jedoch das Fahrradfahren. Frau Fagaschewski probierte es als erstes aus. Hier musste man langsam aber stetig Radfahren, bis auf der Anzeigetafel alle Lichter angingen. War man bei der obersten Lichterreihe angekommen, erhielt man als Belohnung eine Süßigkeit aus dem Automaten. Nun wollten es auch einige Bewohnerinnen probieren und versuchten um die Wette zu strampeln. Dies war jedoch nicht der Sinn der Sache, man musste nur stets gleichmäßig fahren und die Lichter bis nach ganz oben schaffen. Auch unsere beiden Bewohnerinnen schafften es und erhielten „ihre“ Belohnung.
Weiter ging es auf dem Weg zu den einzelnen Verarbeitungsmaschinen für Landprodukte wie auch Tierhaltung auf einem Bauernhof.
Wie wurde Milch gewonnen, haltbar gemacht und in den einzelnen Endprodukten verarbeitet?
Welche Maschinen gab es dazu früher, welche heute?
Tja, die lieben Nahrungsmittel. Bei einigen Bewohnern wurde der Ruf nach Kaffee und Kuchen ein wenig lauter und Frau Etzler-Albers bemühte sich, schnell zum Abschluss ihrer Führung zu kommen, so dass die Bewohner nicht mehr lange auf ihren Kaffee warten mussten.
Somit war die Führung durch das Agrarium abgeschlossen und die Bewohner konnten sich dem Kaffee zuwenden.
Im Cafe im Erdgeschoss waren die Tische für uns schon reserviert und wir hatten alle schnell unsere Plätze eingenommen.
Ein Lob an das Museum muss ich hier mal schnell loswerden.
Die gesamte Einrichtung ist sehr behindertengerecht gestaltet und räumlich sehr großzügig gestaltet. Die Sanitäreinrichtung ebenso.
Nun zurück zum Kaffee. Es gab unzählige Torten und Kuchen vom Blech. Für jeden war etwas dabei. Etwas ganz besonderes war die Kaffeesahnetorte „Kiekeberg“ und der Schokoladentrunk. Bei dem Trunk handelt es sich um heiße Milch, in der ein Block Schokolade in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen am Löffel eingehängt wird. Dieser Block schmilzt in der heißen Milch und wird langsam zum Schokoladentrunk oder Kakao.
Die Kaffeezeit wurde von einigen Bewohnern genutzt, um auch hier wieder Gespräche aus der Vergangenheit, besonders aus der Landwirtschaft zu vertiefen. Ebenso wurde die Zeit genutzt, um etwas in dem Museumseigenen Laden einzukaufen.
Nach dem Kaffee kam noch mal ein kleines Highlight, welches ich schon aus voran gegangenen Besuchen kannte und einen krönenden Abschluss für ein Gruppenfoto bietet.
Am Ausgang des Agrariums erhielt jeder Besucher ein kleines Fläschchen Korn, Fruchtlikör oder Kümmerling von Herrn Holin, welches er nach seinem Geschmack aussuchen durfte.
Die Zeit des Abschieds war gekommen und ein letztes Gruppenfoto konnte geschossen werden. Hier mussten wir jedoch noch auf ein paar Nachzügler warten, die sich in dem Museumsladen verlaufen hatten und sich in all den schönen Sachen und Andenken vertieft hatten, so dass sie die Zeit nicht mehr im Blick hatten, nicht wahr Frau Fagaschewski?
Hätten vielleicht noch den Laden leer gekauft.
Nun wurde wieder der Bus bestiegen, die Rollstuhlfahrer festgegurtet und die Heimfahrt angetreten. Pünktlich zum Abendessen waren alle Bewohner in ihrem Zuhause angekommen.
Fazit: Ein wirklich erlebnisreiche „Zeitreise“ in die Vergangenheit des ländlichen Lebens.
Im Namen aller Bewohner, die an diesem Ausflug teil genommen haben, möchte ich dem Förderkreis „Gute Stube“ und allen Begleitpersonen meinen herzlichsten Dank für diesen schönen und informativen sowie erlebnisreichen Tag aussprechen.
Unser aller besonderer Dank gilt insbesondere Herrn Peter Holin und Frau Etzler-Albers für die Organisation und die Rundführung durch das Agrarium.
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von Peter Holin
Am 18. September 2013 war es wieder soweit. Unser schon Tradition gewordener Ausflug zum Freilichtmuseum am Kiekeberg fand statt. Es war diesesmal etwas anders. Kein normaler Besuch eines Museums mit Rundgang und Kaffeetrinken, sondern eine echte Reise in die Vergangenheit, genau in das Jahr 1813. Der alte Bauernhof, auf dem sich 15 Bewohner und Begleitung trafen, war bewohnt. Die Bäuerin in der Originaltracht dieser Zeit war im Hause und bereitete auf der offenen Feuerstelle das Essen für die auf dem Feld arbeitenden Mitbewohner zu. Sie erzählte uns von ihrem schweren Leben und den Widrigkeiten der Besetzung durch die französischen Truppen. Die ganze Veranstaltung wurde wie bei den vergangenen Museumsbesuchen von Frau Bärbel Etzler-Albers moderiert. Bei einigen Aktivitäten wurden die Besucher sogar mit eingebunden. Herr Roocks bereitete wie ein alter Profi in einem alten Gerät leckere Schlagsahne aus frischer Kuhmilch. Zum Abschluß der Veranstaltung gabe es leckeren Butterkuchen und Kaffee sowie einen kleinen Schluck der Köstlichkeiten aus der museumseigenen Schnapsbrennerei. Es war wieder eine gelungene Veranstaltung.